• Plötzlich nichtig und klein?

    Manchmal braucht es einen Perspektivenwechsel. Wenn große Ziele gruselig werden, zum Beispiel, dann schau ich ganz gern nur auf die nächste Aufgabe. Auf den einen Schritt, den ich jetzt tun muss. Das mache ich einen Tag und einen zweiten Tag. Und noch einen Tag und dann einmal nicht, dann wieder, und wenn ich nicht aufpasse, passiert es mir in immer kleineren Intervallen, dass ich die Aufgabe schiebe. Ich weiß nicht, wofür ich sie Tag für Tag erledigen soll. Ich habe mein Ziel aus den Augen verloren.
    Das ist der andere Moment für einen Perspektivenwechsel.

    Heute bin ich geflogen. In einer winzig kleinen Maschine, auf dem Co-Pilot-Sitz. Das Steuer vor mir hat sich zu den Handgriffen des Menschen neben mir wie von Zauberhand bewegt. Meine Füße durfte ich nicht ausstrecken, weil ich sonst gegen die Pedale gekommen wäre, die, ehm, irgendetwas bewirkt hätten. Rechts-links, glaube ich, falls man das in der Luft so nennt.

     
    Ich muss gestehen, für die Steuerung habe ich mich eher nicht interessiert. Ich war zu begeistert von dem Blick aus meinem Fenster, runter auf die Welt, die ganz nah und trotzdem entfernt genug war, um sie einmal aus dem Weitwinkel zu betrachten. Braune Flüsse, schwarze Berge. Gelbe Felder und glitzernde weiße Ortschaften, wie Blüten über eine Wiese verteilt. Aus der Luft betrachtet macht alles einen Sinn, gehört zusammen, fließt ineinander. Und doch erkennt man jedes Detail.

    Der März ist eindeutig schon mehr als angebrochen. Und Ende März ist Ende des ersten Quartals. Der Respekt vor meinen Quartalszielen ist so groß, dass ich es noch immer nicht fertiggebracht habe, meine Monatsziele aufzuschreiben. Ich habe mich einfach geweigert. Die Seite im Kalender nicht aufgeschlagen, den Kalender nicht mehr aufgeschlagen. Das erste Quartal ist beinahe schon rum – wie ist das passiert?
    Seien wir ehrlich: So kommen wir nicht weiter. Also traue ich mich, jetzt, in diesem Moment, in dem ich diesen Artikel schreibe.

    Gewinn Abstand, sieh Dir Deine Ziele und Deine Erfolge von oben an.

    Und erstaunlicherweise ist es gar nicht so schlimm. Sieben Quartalsziele habe ich aufgeschrieben. Drei davon habe ich schon erreicht – indem ich kleine Schritte gegangen bin. Hinsichtlich zwei weiterer Ziele befinde ich mich auf der Zielgeraden. Ende des Monats werde ich auch sie erfüllt haben, ohne mich großartig anzustrengen. Das sechste Ziel, ja, das ist der Ursprung für mein flaues Bauchgefühl. Das Monster, das mich seit 12 Tagen davon abhält, die Quartalsziele aufzuschlagen und meine Monatsziele daraus abzuleiten. Es ist ein Ziel, das mir richtig wichtig ist. Und es ist ein Ziel, für das ich mich richtig ins Zeug legen muss, um es bis Monatsende noch zu erreichen. Vermutlich werde ich es nicht schaffen. Nicht ganz. Aber ›nicht ganz‹ heißt nicht, dass ich beruhigt den Kopf in den Sand stecken kann und nichts mehr tun muss. Ich kann zumindest ein Teilziel noch erreichen. Vielleicht sogar mehr. Vielleicht sogar Ziel #6.

    Und was ist mit dem siebten Ziel? In der agilen Projektplanung geht es darum, nicht schon zu Beginn einen kompletten Plan zu machen, ihn durchzuziehen oder zu scheitern. Es geht darum, ein Ziel vor Augen zu haben und in überschaubaren Intervallen überschaubare Päckchen zu schnüren, die man dann in Angriff nimmt. Die Bilanz eines jeden Planungszeitraums zeigt, was geplant und was erreicht wurde, und im Anschluss wird für den neuen Zeitraum neu priorisiert und neu geplant. Und hey, seien wir ehrlich, Ziel #7 ist da und vielleicht wichtig. Aber mir nicht wichtig genug. Nicht im Moment. So, what?

    Stürze ich mich also auf Ziel #6 und gebe mein Bestes! Deadlines sind grausam, aber auch sehr motivierend.
    Der März hat noch 19 Tage.

  • Schritt für Schritt zum Ziel

    Ziele sind toll.
    Sie glänzen richtig, wenn sie so auf dem Papier stehen und ich sie betrachte. Der Schwung der Buchstaben, der Verlauf des Stifts – wunderhübsch.
    Ich muss aufpassen, dass ich vor glückseligem Betrachten nicht vergesse, auch etwas für sie zu tun. Denn so schön man sie auch aufschreibt, sie erfüllen sich nicht von alleine.

    Der Januar ist noch jung – aber irgendwie schon zur Hälfte vorbei. Huch? Langsam kommen wir in den Bereich, in dem es ernst wird mit den Monatszielen. Wenn Deine zwei ersten Wochen im Jahr etwa so waren wie meine, hast Du an diesem Punkt zwei Möglichkeiten.
    Die erste Option: Wie bitte, ich wollte dieses Konzept zu Ende schreiben UND es mit jemandem durchsprechen UND es überarbeiten UND es bis Monatsende abgeben? Wozu? Ich wollte vier Bücher im Januar lesen? 13.000 Wörter schreiben? Alles auf einmal?? Nö.
    Oder Du ziehst es durch.
    Diese Ziele kommen nicht aus dem Nichts. Du hast sie Dir selbst gesetzt, weil sie für Dich wichtig sind. Weil Du Dein Leben gestalten willst und etwas erreichen. Jahresziele. Deine Januarziele sind einer von zwölf Schritten dorthin.
    Also los, und diesmal mit Motivation.

    Ziele herunterbrechen

    Ich hatte bereits geschrieben, dass ich meine Monatsziele wiederum in Wochenziele herunterbreche. Es geht noch kleiner. Tagesziele. Sessionziele. Aber ehe Du einen ganzen Tag damit verbringst, alles klein und noch kleiner und schließlich in winzige Schritte herunterzubrechen und exakt zu planen, welchen Zwischenschritt Du wann erreicht haben willst – nur um dann festzustellen, dass Du leider diesen Tag, der nun verstrichen ist, mit eingeplant hattest und alles wieder wegwerfen kannst: Plane einen Tag. Den, der als nächstes ansteht.

    Heute wird ein guter Tag

    An die Tagesplanung gehe ich nicht, indem ich mir Ziele setze. Manchmal sind es einfach nur Aufgaben, die ich erledigen muss. Und ich weiß nicht warum, Aufgaben sind weniger gruselig als Ziele. Aufgaben kann man einfach anpacken.
    Eine Aufgabe ist: Zwei Stunden an meinem Konzept arbeiten. Eine Aufgabe ist auch: Kapitel 3 des Konzepts schreiben. Ja, »Kapitel 3 schreiben« klingt schon sehr nach Ziel, aber für mich macht es einen Unterschied, ob ich einfach Kapitel 3 schreibe, oder ob ich das Ziel erreichen will, Kapitel 3 geschrieben zu haben. Indem ich die Aufgabe nur als Aufgabe und noch nicht als Ziel betrachte, muss das Ergebnis nicht final, nicht perfekt sein. Ich kann das Kapitel später noch überarbeiten. Morgen zum Beispiel, der morgige Tag ist noch nicht geplant. Ich kann Punkte ergänzen, sollte ich etwas vergessen haben. Oder ich kann es lassen, wie es geworden ist, wenn es mir gefällt.
    Ich mache mir also eine Aufgabenliste für den Tag. Und ich hake ab, was ich erledigt habe. Haken setzen ist eine sehr befriedigende Tätigkeit. Und weil sie nicht teuer sind, setze ich manchmal einfach ein paar Haken mehr. Wenn ich merke, eine Tätigkeit, bei der ich nicht in den Flow komme, zieht sich, breche ich sie weiter herunter. Ich muss für das Kapitel Recherche betreiben, ich brauche eine Statistik, die muss ich grafisch aufbereiten, dann der Text: Einleitung, Beschreibung des Schaubilds, Analyse, Schlussfolgerung. Indem ich quälende Aufgaben zerlege – und ja, dieses Konzept ist eine Qual – kann ich die Punkte nach und nach abarbeiten. Mit drei gesetzten Haken in die Mittagspause zu gehen ist ein so viel besseres Gefühl als mit dem flauen Eindruck: Ich habe stundenlang nur Informationen zusammengetragen. Ich habe noch nichts geschafft!

    Belohnung

    Ich arbeite SEHR gern mit Belohnungssystemen. Ich liebe sie. Und damit meine ich nicht, mir einen Blumenstrauß zu kaufen oder einen Cafébesuch zu gönnen. Ich setze Haken. Male Kästchen aus. Klebe Sticker. Ich mache meinen Erfolg sichtbar.
    Früher habe ich Aufgaben durchgestrichen, wenn ich sie erledigt hatte. Das kann auch sehr befriedigend sein, aber es stellt doch irgendwie in den Vordergrund, was wegfällt, nicht: was ich geleistet habe. Nicht jede Aufgabe, die man erledigt, hinterlässt etwas Sichtbares. Viele Aufgabe führen sogar zum Gegenteil. Etwas verschwindet. Postfächer werden leer, Papierstapel weg sortiert, Müll runter gebracht.
    Ich dokumentiere meine erledigten Aufgaben in meinem Kalender und wenn ich die Seiten durchblättere und sehe, was ich geschafft habe, breitet sich ein gutes Gefühl in mir aus.
    Mit diesem Gefühl setze ich mich entspannt auf die Couch. Und vielleicht werde ich meinem Ziel, vier Bücher im Januar zu lesen, einen Schritt näher kommen.
    Aber fürs Lesen setze ich keine Haken. Lesen ist bereits Belohnung.