• Schreibtagebücher

    Novembermonate kommen und gehen, und manchmal rasen sie so schnell vorbei, dass ich kaum mitbekomme, was da passiert.

    Die erste Woche des NaNoWriMo fühlt sich für mich jedesmal wie die ersten Wochen im neuen Jahr an. So viele Pläne, so sehr darauf gefreut, und dann mit vollem Elan hinein.

    In Woche zwei legt sich die Euphorie etwas und die Sache pendelt sich ein. Ich schreibe meine Wörter, mache Fortschritte, Rückschritte, prokrastiniere. Denn wann, wenn nicht in der zweiten Novemberwoche, ist es dringend an der Zeit, endlich mal alle Fenster zu putzen?

    Woche drei ist hart. Irgendwie ist es doch passiert: Ich liege zurück. Das Ende ist noch so fern. Ich würde furchtbar gern nur einen Tag mal nicht schreiben – aber dann verliere ich jede Chance auf diese Badge (die haben sie doch nur deswegen erfunden!) Ich hatte mir diesen Monat freigeschaufelt und meine Güte: So viel sind 1.667 Wörter am Tag dann auch nicht!
    … Wenn es noch immer 1.667 Wörter wären. Ich rechne mir jeden Tag neu aus, wie viele Wörter ich täglich schreiben muss, um es noch zu schaffen. Jeden Tag kommen 5 Dinge mehr dazwischen, die ich wirklich nicht alle bis Dezember vor mir her schieben kann. Das Schreiben ist, wenn ich ehrlich bin, eine Qual. Mein Kaffeekonsum macht mir nur deshalb keine Sorgen, weil ich zu sehr mit den Sorgen über meinen Weinkonsum beschäftigt bin. Apropos. Ich muss Wein bestellen.

    Und dann: Woche vier. Die zerreißt mich jedesmal. Wenn ich in Woche drei damit anfange, das Monatsende herbeizusehnen, ist in Woche vier nichts mehr davon zu spüren. Ich werde fürchterlich sentimental. Ich will nicht, dass es vorbei ist. Ich weiß genau, dass es auch in diesem Jahr wieder ein paar ganz besondere Menschen, besondere Konstellationen gibt, die ich so nicht noch einmal bekommen werde. Ich weiß, dass ich mir noch so sehr vornehmen kann, im Dezember genauso weiterzumachen, und es doch nicht tun werde. Im Dezember wird sich die Distanz zwischen mir und meiner Geschichte wieder ausdehnen.
    Aber noch ist November, Woche vier. Und alles ist möglich. Selbst wenn man einen halben Monat, selbst wenn man 40k zurückliegt, kann man das noch einschreiben. Oh ja. Man kann. Ich weiß das –

    – weil ich meine vergangenen Novembermonate dokumentiert habe.

    An sich habe ich im November ja genug Wörter zu schreiben. Trotzdem ist es der eine Monat im Jahr, in dem ich eine Art Tagebuch führe – auf das Wesentlich reduziert. Auf einer DIN A5 Seite halte ich die Eckdaten eines jedes Tages fest: Wordcount, wie lange geschlafen, wie lange geschrieben und wie viele Tassen Kaffee hat es gebraucht?

    Daneben ist dann gerade noch Platz genug, um ein paar Gedanken festzuhalten, eine Mindmap zu zeichnen, ein Zitat zu notieren oder – bzw. und – für mein Belohnungssystem. Denn ihr wisst das inzwischen von mir. Ich funktioniere über Belohnungssysteme.

    Wenn es nicht laufen will, können 1.667 Wörter ganz schön viel sein. Auf Dauer erst recht. Ich zerlege sie mir in Häppchen: 500 – 1.000 – 1.500 – 1.667. Alle 500 Wörter gibt es einen Sticker, seit Jahren ist das ein rotes Herz. Für das Erreichen des Tagesziels klebe ich einen Motivsticker in mein Schreibtagebuch – und weil die letzte Etappe so klein ist, und ich nun gerade eingeschrieben bin, erschreibe ich mir oft noch das 2.000er Herz. Dann das 2.500er. Dann die 3.000. An den guten Tagen. Im Nachhinein erkenne ich die daran, dass die roten Herzen die Seitenbreite sprengen. Andere Seiten sind erschreckend farblos. Bevor ich eine Seite fülle, weiß ich noch nicht, wie sie am Ende des Tages aussehen wird. Was ich dort notiere. Ob es ein bunter Tag wird oder ein herzloser. Leere Seiten – sind zum fürchten, ich weiß. Aber nicht nur. Und wenn man kein leeres Heft nimmt, sind sie niemals leer.

    Ich freue mich riesig darauf, mein diesjähriges NaNoWriMo-Tagebuch zu füllen. Und dazu hab ich gleich noch was für Dich. Sobald ich meinen NaNo-Vorratseinkauf erledigt habe. ♥

  • Ein Tracker für Routinen

    Manchmal geht es nicht ums große Ziel. Kein Halbmarathon, den ich im Herbst mitlaufen will, nicht das Aufräumfest, dessen fulminantes Finale ich an Mittsommer feiern will. Manchmal geht es um das Tägliche, Kleine. Jeden Morgen die Waschbecken auswischen. Wäsche falten und gleich wegräumen, sobald sie trocken ist. Dreißig Minuten an der frischen Luft verbringen. Und apropos, frische Luft: Einmal am Tag die Wohnung durchpusten lassen.

    Es sind kleine Dinge und sie sind so schnell erledigt. Aber es sind kleine Dinge, die jeden Tag, oder zumindest regelmäßig, zu machen sind. Und damit werden sie auf Dauer zu größeren Monstern als es ein Halbmarathon je sein kann. Der Halbmarathon hat einen Termin, hat Eckdaten – 21,1 km laufen. Wenn ich es wirklich will, kann ich mir dieses Ziel setzen, mich mit Disziplin und Tatendrang darauf vorbereiten und ihn am Ende absolvieren. Ziel geschafft!
    Von nun an laufe ich jede Woche wenigstens 10 km. In den letzten Vorbereitungswochen habe ich das schließlich alle paar Tage gemacht, das ist ja ein Klacks.

    Nun, ich bin noch keinen Halbmarathon gelaufen, aber ich habe Schreibmarathons absolviert. Und ich weiß: Es ist viel leichter in einem Monat 50.000 Wörter zu schreiben als jeden Tag im Jahr 200. Es ist auch leichter an einem Wochenende den gesamten Kleiderschrank auszuräumen, alles was drin ist auf einen Haufen, macht es mich glücklich? – wenn nein, dann weg, was bleibt wird neu gefaltet und sauber zurückgestellt. Leichter, als jeden Tag schmutzige Wäsche in die Waschmaschine zu räumen, die gewaschene Wäsche aufzuhängen, abzuhängen, zu falten und zurück in den Schrank zu räumen.

    Mit meiner Wäsche bin ich soweit ganz gut. Okay, im Moment hängen auch trockene Kleidungsstücke auf dem Wäscheständer, die ich gestern schon hätte abhängen können. Aber nehmen wir 200 Wörter am Tag. Geschrieben habe ich in diesem Monat noch nicht ein Wort.

    21 bis 66 Tage

    Sich täglich, wirklich täglich aufraffen ist der Horror. Angeblich jedoch, endet dieser Horror irgendwann. Je nachdem, wo man nachliest, nach 21 bis 66 Tagen.
    Bei mir sind es definitiv keine 21 Tage. Ja, ich sträube mich nach einer Weile nicht mehr, eine Sache zu machen. Aber eigentlich sträube ich mich auch am Anfang nicht dagegen. Ich will diese kleine Gewohnheit ja annehmen, sie zur Routine machen. Es läuft auch gut, phasenweise, bis – irgendetwas passiert. Kranksein. Oder einfach nur Urlaub. Die Routine wird unterbrochen, und ich schwöre, anschließend ist alles mindestens doppelt so lästig wie am ersten oder am fünften oder am zweiundzwanzigsten oder am siebenundsechzigsten Tag.

    Durchhalten?

    Lassen wir das also. 21 oder 66 Tage, es geht nicht darum, wie lange ich etwas durchhalte. Es geht nicht ums Durchhalten. Ich versuche nicht, mir das Rauchen abzugewöhnen, wobei mir eine olle Zigarette, die zum falschen Zeitpunkt meinen Weg kreuzt, zum Verhängnis werden kann. Ich möchte täglich meine Wohnung lüften, und hey, wenn ich sie gestern nicht gelüftet habe – hatte ich einen Tag lang schlechtere Luft und weniger Sauerstoff, aber das hindert mich nicht daran, die Fenster heute aufzureißen.

    Tägliche Ziele

    Ich setze mir also nicht das Ziel, jeden Tag die Wohnung zu lüften – und an dem Tag, an dem ich es nicht tue, bin ich gescheitert. Ich setze mir stattdessen jeden Tag aufs Neue das Ziel: Fenster auf. Jeden Tag aufs Neue: Schreib.
    Und weil ich auf Belohnungssysteme stehe und mich an Erfolgen, auch wenn sie winzig sind, gern weide, male ich mir einen Tracker.

    Mein Tracker

    Ich nehme ein kariertes DIN-A5-Blatt, quer, und schreibe alles, was ich täglich oder regelmäßig machen möchte, untereinander. Diese erste Spalte braucht ein wenig Platz, alle weiteren nur je ein Kästchen. Die Kästchen nummeriere ich durch, von 1 bis 28 für den Monat Februar. Im Januar brauchte ich 31. Und dann male ich täglich jedes Kästchen aus, wenn ich die zugehörige Aufgabe erfüllt habe.
    Ich will mich damit nicht unter Druck setzen. Es ist nicht mein Ziel, am Ende des Monats ein vollständig ausgemaltes DIN-A5-Blatt vorweisen zu können. Manche gelisteten Aufgaben will ich gar nicht täglich machen, nur eben regelmäßig. Aber indem ich jeden Tag auf den Tracker schaue, erinnere ich mich an sie. Und indem ich meine Kästchen ausmale, was großen großen Spaß macht, belohne ich mich dafür, auch an einem Tag, an dem ich eigentlich keine Lust hatte, einen Lappen in die Hand zu nehmen, das Waschbecken ausgewischt zu haben.

    Eventuell wird der Tracker eines Tages zu neuen Zielen führen. Im Moment ist er einfach nur da. Und er ist bunt. Und ich liebe es, ihn anzuschauen.
    Und das hier, wenn auch nur im Rahmen eines Blogbeitrags, ist gerade das 736. Wort, das ich in diesem Monat schreibe.